Am
Zollenspieker Fähranleger
5
Personen an einem Tisch
Ein
Herr saß am großen Tisch allein und ein Ehepaar
gesellte sich zu ihm. Es war als hätten alle drei auf
ein Gespräch gewartet, begann auch sofort eine nette
Unterhaltung mit Fragen und Antworten.
„Fahren Sie auch Fahrrad?“ war die erste Frage.
„Ja, aber leider viel zu selten“ war die Antwort.
„Sind Sie mit dem Motorrad hier, und welches gehört
Ihnen denn?" ging es weiter.
„Die Blaue ist meine“ entgegnete der freundliche
Herr.
In dem fein aufgereihten Pulk von Motorrädern war tatsächlich
ein blaues Motorrad zu erkennen. Es hatte den Anschein,
als hätte der Händler es poliert und dem Herrn
dort gerade übergeben. Dem war aber nicht so, denn
die meisten der anderen Maschinen glänzten ebenso,
denn es waren die Harley - Tage in Hamburg.
Glücklicher Weise hatten wir unsere beiden Fahrräder
etwas abseits gestellt, denn obwohl sauber geputzt, glänzten
sie nicht annähernd so wie der Chrom der vielen Motorräder.
Dem Gespräch tat es keinen Abbruch, nein, es setzte
sich noch jemand mit Harley-Kleidung höflich fragend
an unseren Tisch. Dann kam noch dessen Nachbar, der Kaffee
und Curry-Wurst von der Wurst- und Getränkebude mitbrachte,
hinzu.
Aus dem Dreiergespräch ist ein nahtlos übergehendes
Fünfergespräch geworden. Wir erfuhren, dass der
eine Nachbar den anderen eines Tages mit seiner Harley auf
eine Kurztour mitgenommen hatte. Diese eine Fahrt hatte
gereicht; der andere kaufte sich erst ein kleines Motorrad,
dann ein anderes und jetzt ist er auch im Besitz Harley,
und nun genießen beide das schöne Harley-Gefühl.
„Das blaue Motorrad gehört dem Herrn“,
klärte meine Helga die beiden Harley-Gesprächspartner
auf. Ein Blick und wie aus einem Mund kam es zurück:
„die Gold Wing dort?“
Kenner kennen sich eben aus…
Harley- und Gold Wing - Fahrgefühle müssen ähnlich
sein, denn die Frau des G-W-Fahrers soll sogar schon mal
in ihrem Sitz während der Fahrt eingeschlafen sein.
„Das ist ja gefährlich,“ entfuhr es meiner
Helga.
Aber
wir erfuhren, wenn die Frau hinten im Sitz angeschnallt
ist, kann ihr gar nichts passieren. Das soll ähnlich
sicher wie angeschnallt im Auto sein.
In
Zukunft soll so etwas trotzdem nicht mehr vorkommen...
Und
während wir unser nettes lebhaftes Fünfergespräch
führten, tobte im Wasser ein Kampf auf Leben und Tod.
Ein Kormoran hatte einen recht großen Aal gepackt
aber wohl nicht richtig im Schnabel, denn der Aal wollte
sich nicht schlucken lassen. Er drehte seinen geschmeidigen
langen Körper um den Hals des Kormorans. Der Kormoran
tauchte mehrmals wieder ab und kam mit einem anderen Festhaltegriff
wieder an die Oberfläche und der Aal umschlang jedes
Mal wieder den Hals. Durch das mehrmalige Ab- und Auftauchen
war für uns Zuschauer nicht sicher, wer letztlich der
Sieger gewesen ist, zumal die Fähre wieder anlegte,
und unser Beobachtungsfeld sich verändert hatte.
Die Fähre hatte schon mehrfach die Elbe überquert,
aber die Harley-Fahrer machten gar keine Anstalten, sich
dem netten Gespräch zu entziehen, und so fuhr die Fähre
noch zweimal ohne besagte Harleys an das andere Elbufer.
Aus jedem Lebensbereich wurde noch dies und das erzählt.
Weder die unterschiedlichen Lebensjahre, noch die Preise
der Maschinen oder unsere nicht ganz so toll glänzenden
Fahrräder spielten eine Rolle. Für jeden war eine
kleine Bereicherung seiner Gedanken dabei.
Als die Fähre wieder anlegte, verabschiedeten wir uns,
und die Harley-Fahrer bestiegen ihre Maschinen, der Gold
Wing - Fahrer erwartete noch auf einen anderen Motorrad-Fahrer,
der sich über Handy gemeldet hatte, und wir Senioren
fuhren mit unseren Fahrrädern nach oben über den
Deich und die Sonne schien für uns alle...
Das
ist keine Selbstverständlichkeit unter 70jährigen
Senioren, und dafür bin ich persönlich dankbar...